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Rundbrief des Bundesvorsitzenden, Ulrich Weigeldt, am 08.02.2021

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit einem Jahr leben wir nicht nur mit der Pandemie, mit den diversen Maßnahmen, aber eben auch mit der ständigen Kommunikation darüber. Das allmorgendliche Medienecho mit Schreckensszenarien, in denen die Lage als „dramatisch“, das Virus als „supergefährlich“ und die Zukunft als „katastrophal“ (Zitate!) beschrieben werden, ist nur noch schwer zu ertragen.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Es ist eine schwere Zeit. Viele Menschen mussten Verluste, alle von uns drastische Einschränkungen erleben. Aber was nutzt uns dieser ständige Katastrophenalarm? Die oft auch kriegerische Rhetorik führt zunehmend zu Verunsicherung und letztlich zu Hoffnungslosigkeit bei den Menschen. Das muss sich ändern, wenn wir nicht noch mehr gesundheitliche Kollateralschäden haben wollen. Die psychischen und physischen Belastungen durch die Maßnahmen gegen die Pandemie müssen nicht noch durch Schreckensszenarien verstärkt werden.

Wir brauchen von Politik und Öffentlichkeit eine positivere Kommunikation, es müssen erreichbare Teilziele definiert werden, wie es einige Regionen schon vormachen, statt immer nur nach Gründen zu suchen, um die Einschränkungen zu perpetuieren und am liebsten noch zu steigern. Die Rücknahme von Einschränkungen für Genesene und Geimpfte werden als „Privilegien“ beschrieben und als Spaltung der Gesellschaft dramatisiert. Aber das Erleben des Lockdowns in einer Villa in Dahlem oder einer Sozialwohnung in einem Hochhaus macht keinen Unterschied in der Gesellschaft?

Wieso nicht lieber mit positiven Bildern den Zusammenhalt stärken, Gewinner statt Verlierer in den Vordergrund stellen, motivieren statt ängstigen? Die Menschen brauchen Perspektiven – auch, weil unsere Patientinnen und Patienten weiterhin ihre Gesundheit ernst nehmen müssen.

Schutzimpfung – Start in den Praxen
Hoffnung setzen die Menschen in uns, darein, dass wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, bald breit in unseren Praxen impfen können und so einen ganz essenziellen Beitrag zum Ende dieser Pandemie leisten werden. An uns wird es nicht scheitern, schließlich gehört das Impfen seit jeher zu unseren Basisaufgaben! Und teilweise sind Praxen ja auch schon dabei! Unser hausärztlicher Pragmatismus wird dabei vieles erleichtern (beispielsweise wird sicherlich deutlich weniger Impfstoff – etwa wegen angebrochener Dosen – weggeschmissen werden müssen).

Jetzt müssen die Rahmenbedingungen für einen reibungslosen Start in der Fläche verankert werden (die angehängten Forderungen tragen wir aktuell auf Landes- und Bundesebene aktiv in die Politik und die Öffentlichkeit). Dabei ist die erste Voraussetzung, dass es genügend Impfstoff gibt und wir nicht die gleiche Situation wie bei der Grippeimpfung im vergangenen Herbst erleben müssen! Und dann natürlich die Bürokratie, etwa durch die Dokumentation, die so wenig zusätzliche Arbeit wie nur möglich machen darf. Wir werden den Wettlauf gegen das Virus nicht gewinnen, wenn uns diese wie Gewichte an den Beinen hängt. Zudem darf das Wort „Regress“ erst gar nicht in Kassenmünder und Arztköpfe gelangen – aber wem sage ich das? Apropos Kassen: Wofür wir uns mit Macht sowohl gegenüber der Selbstverwaltung als auch in Politik und Öffentlichkeit einsetzen, ist eine Vergütung der Impfberatung und das unabhängig von der Durchführung der Impfung. Es ist längst an der Zeit, dass diese Leistung endlich anerkannt und honoriert wird und das auch entsprechend dem tatsächlichen Arbeitsaufwand.

Diese wenigen, aber essenziellen Rahmenbedingungen sind es, die den Ausschlag geben werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind jetzt schon das Fundament der Pandemiebekämpfung! Als das „Team of Fifty Thousand“ stehen wir für die Impfungen bereit!

Mit kollegialen Grüßen
Ulrich Weigeldt

 

Auszug aus dem Positionspapier des Deutschen Hausärzteverbandes „Impfen in Hausarztpraxen“
Die Hausärztinnen und Hausärzte, die über jahrzehntelange Erfahrung im Impfen der Bevölkerung verfügen und eine enge, vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung pflegen, stehen mit über 50.000 Betriebsstätten bundesweit bereit, die Impfung der Bevölkerung zu unterstützen. Hierzu müssen allerdings bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sein:

1. Der Impfstoff muss bundesweit in ausreichender Menge für die Hausarztpraxen verfügbar sein. Die Erfahrungen aus der mangelhaften Verfügbarkeit von Grippeimpfstoff im Herbst 2020 sind hier ein Negativbeispiel, das nicht wiederholt werden darf.

2. Der Impfstoff muss für die Hausarztpraxen händelbar sein. Derzeit verfügen alle Hausarztpraxen über entsprechende Kühlschränke zur Lagerung von Impfstoffen oder anderen Medikamenten. Sie sind überdies aufgrund der hohen Patientenzahlen in der Lage, auch im Rahmen einer vergleichsweise kurzen Haltbarkeit Impfdosen zu verimpfen.

3. Die praktischen Rahmenbedingungen für die Impfung müssen ohne zusätzliche Bürokratie gestaltet werden.

4. Beispielsweise kann auf die derzeit vorgesehene Unterschrift zur Aufklärung im Rahmen der Impfberatung wie bei allen anderen Impfungen auch verzichtet werden. Das bestehende Berufsrecht schafft hier einen hinreichend rechtssicheren Rahmen.

5. Ebenso muss die (digitale) Dokumentation im Rahmen der Impfung und der Impf-Surveillance bürokratiearm gestaltet werden.

6. Die Beschaffung des Impfstoffs in den Hausarztpraxen darf keine Risiken von Regressen etc. mit sich bringen. Aus der Durchführung der Impfung darf den Hausärztinnen und Hausärzten kein finanzieller Nachteil entstehen.

7. Die Bevölkerung muss umfangreich über alle verfügbaren Medien in für die Zielgruppen angemessener Art und Weise sowohl über die Funktionsweise und die Risiken der Impfung selbst als auch über die Priorisierungsempfehlungen der STIKO informiert werden. Hierzu müssen die Hausarztpraxen ergänzend entsprechendes Material erhalten.

8. Jegliche Haftungsfragen rund um die Impfung müssen vor Beginn der Impfung in den Hausarztpraxen rechtsverbindlich geklärt sein. Die Haftung insbesondere für Impfschäden etc. darf nicht beim Hausarzt liegen.

9. Die Impfberatung muss von der Durchführung der Impfung getrennt vergütet werden. Gerade angesichts der hohen Unsicherheit zum Thema Corona-Schutzimpfung in einigen Teilen der Bevölkerung sowie der Neuartigkeit der angewandten Impftechnologie wird die Beratung zur Corona-Schutzimpfung vergleichsweise aufwändig und wird nicht in allen Fällen in einer tatsächlichen Impfung münden. Um hier auch gegenüber der Bevölkerung eine Ergebnisoffenheit der Impfberatung kommunizieren zu können, muss Beratung und Impfung selbst nicht als gemeinsamer Komplex vergütet werden.