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Rundbrief des Bundesvorsitzenden, Ulrich Weigeldt, am 03.07.2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dass Deutschland bisher so gut durch diese Krise gekommen ist, liegt nicht nur an uns Hausärztinnen und Hausärzten, wir haben aber einen großen Anteil daran. Die hausärztlichen Versorgungsstrukturen und der clevere Umgang mit dem ja anfänglich eklatanten Mangel an Schutzausrüstung, insbesondere auch durch die Gründung von gemeinsamen Einrichtungen zur Untersuchung möglicher Infekte, hat die Patienten geschützt, Krankenhausressourcen geschont und einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Pandemiewelle geleistet. Dafür gebührt den Hausärztinnen und Hausärzten Dank und Anerkennung!

Leider ist davon, wenn man sich die aktuellen Regelungen ansieht, allerdings sehr wenig zu spüren. Vielmehr werden unsere Patienten und wir erneut mit unausgegorenen Maßnahmen und Instrumenten aus Politik und Gesetzgebung konfrontiert.

Corona-Warn-App

Da ist einmal der Flickenteppich an Teststrategien für Menschen mit oder ohne Krankheitssymptome. Man stelle sich mal beispielhaft unterschiedliche, an Landesgrenzen endende Strategien für die Behandlung von Diabetikern vor.

Ein gutes Beispiel dafür, wie wenig scheinbar über die Situation in den Praxen nachgedacht wurde, ist die Finanzierung der Tests nach einer Risiko-Meldung der Corona-Warn-App. So wird dabei völlig außer Acht gelassen, dass die Menschen mit ihren Sorgen und Ängsten zu uns kommen. Es geht eben nicht nur um einen korrekten Rachenabstrich, die Menschen brauchen Rat zu ihrer Risikosituation, zu der Validität der Tests und zu guter Letzt zu den Konsequenzen der Testergebnisse. Das ist nicht im Vorbeigehen erledigt! Denkt man diesen Behandlungskomplex mit, dann wirken diese zusätzlichen 10 Euro wie ein schlechter Scherz! Und: Der Verweis auf die Abrechnungsmöglichkeit von Grundpauschalen greift nicht, es geht schließlich um einen neuen Leistungskomplex. Leider lässt uns die Selbstverwaltung da im Regen stehen und kämpft nicht, wie bei der Laborvergütung, mit einer Klage, obwohl die Leistung, um die es dabei geht, im Gegensatz zur hausärztlichen Zeit skalierbar ist! Das geht gar nicht! Warum heißt es bei der KBV eigentlich fast immer „Fachärzte first!“?

Der Leistungsumfang, das macht die Handreichung des Robert Koch-Institut sehr deutlich, entspricht einem Vergütungsanspruch um die 50 Euro! Diese faire Honorierung fordern wir entschieden! Sie darf auch nicht nur für die in den Regelungen bislang ausschließlich erwähnten asymptomatischen Patienten gelten, sondern auch für Patienten mit Symptomen. Es geht doch schließlich um die Versorgung des Patienten und damit um die Zeit des Arztes eben dafür und nicht darum, ob sich eine Krankheit in eingrenzbaren Symptomen äußert oder nicht!

Überhaupt fehlt es an vielen Stellen noch an Klarheit! Was sollen etwa diejenigen tun, deren Corona-Warn-App ein Risiko meldet? Hier muss unbedingt klar kommuniziert werden, dass sie die hausärztliche Praxis zunächst telefonisch kontaktieren und nicht plötzlich in der Praxis auftauchen, wo sie gegebenenfalls andere Patienten anstecken.

Es ist schon auffällig, dass wir in kurzer Abfolge mit oft nicht durchdachten gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen konfrontiert werden und dann zusehen müssen, wie wir das in den Praxen organisieren. Das geht so nicht!

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Weiteres Ungemach droht uns unter dem Stichwort Digitalisierung – einmal mehr! Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) soll ja ab dem kommenden Jahr in unseren Händen liegen – wieder eine Verantwortung mehr, wieder fehlen einige der technischen Voraussetzungen, wieder einmal frage ich mich, ob ich mich vielleicht gleich im IT-Bereich selbstständig machen soll. Da würde ich wenigstens für das, was ich tue bezahlt werden. Digitalisierung sollte doch Prozesse vereinfachen und nicht zum IT-Overkill führen.

Und wenn Digitalisierung, dann auch richtig: Die AU bitte elektronisch an die Krankenkasse, aber noch einmal gesondert für den Patienten – das ergibt nicht nur keinen Sinn, sondern ist auch ein unnötiger Arbeitsschritt mehr!

Überhaupt steht es in keinem gesunden Verhältnis mehr, was Praxen erwirtschaften und was sie für IT-Aufgaben leisten bzw. bezahlen müssen. Wir wollen Patienten versorgen, das ist unser Job!

Dieses Drangsal muss aufhören, sonst wird es früher oder später die flächendeckende hausärztliche Versorgung gefährden. Abgesehen davon kommen bislang die Anwendungen im Wesentlichen nur den Krankenkassen zugute! Als Ihr Verband werden wir dafür kämpfen, dass diese Situation endlich entschärft wird!

Herzliche Grüße

Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender